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Gegen meinen Arbeitgeber habe ich geklagt, weil ich mit seiner Berechnung der Freistellungstage

aus den von mir gebildeten Zeit-Werten nicht einverstanden war. Es ist mir, wie sicher alle nachvollziehen können,

nicht leicht gefallen!

VW rechnet dabei folgendermaßen:

Die Zeitverpflichtung für Leute wie mich (Tarif I, indirekter Bereich) beträgt 33 Stunden pro Woche, zuzüglich

einer unbezahlten Überstunde (der sogenannte Leistungsbeitrag!). Bei 52 Wochen im Jahr fallen pro Monat etwa

4,35 Wochen an. Der Stundenlohn wird dann aus dem Monatslohn berechnet nach der Formel

                                                   Stundenlohn  =  Monatslohn / (4,35 x 33)

Um nun auf den Betrag zu kommen, den VW für einen Monat aus dem Zeitwertguthaben entnimmt, rechnet man

bei VW aber die Stunde, die pro Woche zuvor unbezahlt geleistet werden sollte, bei der Freistellung wieder bezahlt

mit. Dadurch entnimmt VW bei Angestellten wie mir für einen Monat Freistellung 34/33 eines Monatsgehaltes aus 

dem Zeitwertguthaben.

Die von mir eingereichte Klageschrift finden Sie hier: Klage_eingereicht.pdf

Aus rechtlichen Gründen darf ich nur die Schriftsätze veröffentlichen, die ich selber eingereicht habe, und das

Urteil.

In der mündlichen Verhandlung hat VW - wie auch schriftlich - beantragt, meine Klage abzuweisen.

Die Berechnung würde sich so, wie VW sie durchführe, im Wesentlichen aus dem Tarifvertrag ergeben, nach

dem Leute wie ich eben ein unbezahlte Überstunde leisten müssen.

Zu den mündlichen Verhandlungen:  Protokoll_2012-09-05_Arbeitsgericht Braunschweig.pdf,

Protokoll_Arb-Ger_2012-10-31a.pdfProtokoll_Arb-Ger_2012-10-31b.pdf

Inzwischen ist in der Angelegenheit ein Urteil ergangen. Das Arbeitgericht Braunschweig hat wie folgt entschieden:

Urteil_Arbeitsgericht_mündlich1.pdf;

dieses Urteil wurden dann schriftlich korrigiert zu:  Urteil_Arbeitsgericht_mündlich2.pdf

Dieser im Urteil mir zugesprochene Betrag liegt bei etwa 97 % der Klagesumme, der Richter ist also zu einer

geringfügig niedrigeren Entschädigung gekommen, als ich verlangt habe.

Aber 97 % ist meiner Auffassung nach schon ganz gut!

Hier die Berichterstattung in der "Braunschweiger Zeitung / Wolfsburger Nachrichten" dazu: WN_2012-12-04_Arbeitsgerichtsurteil.pdf

VW hat demnach also mitgeteilt, dass man auf jeden Fall in die Berufung gehen will - ohne das schriftliche Urteil

zu kennen! Aufschlussreich!

Inzwischen ist auch das schriftliche Urteil eingetroffen:  Urteil_Arbeitsgericht_schriftlich.pdf

VW hat dagegen Berufung beim niedersächsischen Landesarbeitsgericht eingelegt.

Zu den Fristen für die Berufungsbegründung: Regulär hätte VW bis zum 7.2.2013 seine Berufung

begründen müssen. VW hat jedoch Fristverlängerung um einen Monat verlangt und auch bekommen.

VW hat nun am 7.3.2013, also am letztmöglichen Tage, die Begründung für seine Berufung beim LAG

eingereicht. Die Berufungsbegründung enthielt aus meiner Sicht keine neuen Argumente, das einzig

neu Vorgetragene daran war eine Tabelle, die die Leistungen enthält, die ich von VW bis zum Eintritt

in die Rente beziehen werde. Leider ist diese Gegenüberstellung aber grob fehlerhaft, enthält sie doch

auch die Urlaubsentgelte und Sonderzahlungen, die nicht tariflich verankert sind und somit auch ohne

Rechtsanspruch. Darauf habe ich meine Entgegenhaltung eingereicht:   35468_eingereicht.pdf,

die die Begründung enthält, weshalb die Berufung aus meiner Sicht zurückzuweisen sei.

VW hat in der Zwischenzeit einen weiteren Schriftsatz eingereicht, der aber wiederum nur Altbekanntes enthält.

Einen neuen Sachvortrag gibt es bislang nicht.

Unsere Erwiderung auf den letzten VW-Schriftsatz ist hier eingestellt:  35469v3.pdf

Am Montag, dem 23. Sept. 2013 fand die erste Verhandlung beim Landesarbeitsgericht Hannover statt.

Hier ein Ausschnitt daraus (nach meiner Verhandlungsmitschrift):

Der Kammervorsitzende legt dar, dass er die Wegnahme der bezahlten Pause im direkten Bereich – ebenso wie die Verpflichtung zu unbezahlten Arbeitsstunden im indirekten Bereich – als eine Verpflichtung der Belegschaft zu einer Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnaus­gleich ansieht; im Ergebnis müssen beide bei gleicher Bezahlung länger dafür arbeiten. Er fragt danach, warum im indirekten Bereich dieser sog. Leistungsbeitrag bei der Entnahme von Zeitwertguthaben gesondert berechnet werde, im direkten Bereich aber nicht, und wie dort der entsprechende Konsolidierungsbeitrag ausfalle. Müssten sich die Mitarbeiter im di­rekten Bereich ihre Freistellung nicht auch entsprechend teurer erkaufen, weil ja die bezahlte Pause weggefallen ist, und sie die daraus resultierende längere Arbeit in der Freistellungs­phase aus Zeitwerten nicht mehr leisten?

Herr F., VW Personalwesen: Das ist so nicht erforderlich wegen des Wegfalls des alten und der Umstellung auf das neue Bezahlungssystem.

Der Kammervorsitzende: Der Gedanke ist, dass bei beiden Gruppen mehr gearbeitet wird für  gleichbleibende Bezahlung. Bei der einen Gruppe  wird dies in Form eines Leistungsbeitra­ges in der Freistellungsphase gesondert angerechnet, bei der anderen Gruppe nicht.

Die Frage ist, ob dieser Sachverhalt bei der Umrechnung des Zeit­wertguthabens in bezahlte Freistellung nicht zu einer Fehlberechnung führt.

Bezahlungstechnisch sieht der Kammervorsitzende dies in der Zeit der bezahlten Arbeit als o.k. an, in der Freistellungsphase führt dies zur Problematik. Angenommen, man geht davon aus, dass VW richtig gerechnet hat, dann stellt sich die Frage, ob § 75 Betr.Verf.Ges erfüllt ist oder ob eine Ungleichbehandlung vorliegt, weil ja die Arbeitnehmer im direkten Bereich durch den Wegfall der bezahlten Pause auch einen Leistungsbeitrag leisten mussten. Die Frage ist, ob die Betriebsparteien das Problem so gesehen haben, dass es später bei der Umrechnung von Zeitwertguthaben in bezahlte Freistellung Probleme gibt.

Zum Ende des Sitzungstages wurde seitens der Kammer der folgende Beschluss gefasst:

1. Die Betriebsvereinbarung Zeitwerte dürfte auch an § 75 Abs. 1 BetrVG zu messen sein. Die Anwendung der Nr. 8.1.1 Abs. 2 Betriebsvereinbarung Zeitwerte führt in Verbindung mit dem in Bezug genommenen § 6.1.1. und 6.1.2 Manteltarifvertrag nach der von der Beklagten mit guten Gründen geschilderten Berechnung dazu, dass sich ein im indirekten Bereich beschäftigter Mitarbeiter für die Freistellungsphase den Wert seines unentgeltlichen Leistungsbeitrags von einer Arbeitsstunde pro Woche bei der Umrechnung seines Zeitwertguthabens erkaufen muss. Dies muss ein im direkten Bereich beschäftigter Mitarbeiter nicht, obwohl auch er nach dem Vorbringen der Beklagten einen Beitrag zur Kostenreduzierung in Form höherer zeitlicher Arbeitleistung bei gleichbleibender Bezahlung zu leisten hat (Wegfall bezahlter Pausen) und diesen im Rahmen seiner Freistellung (ebenfalls) nicht mehr erbringen kann. Damit ist ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Wege der sogenannten „Anpassung nach oben“ in Betracht zu ziehen.

2. Der Beklagten wird aufgegeben, bis zum 14.10.2013 eventuelle sachliche Gründe für die durch die Betriebsvereinbarung Zeitwerte bewirkte Differenzierung bei der Umrechnung von Zeitwertguthaben unter Beweisantritt darzulegen.

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Meine Einschätzung: Es sieht so aus, als ob die Kammer beim Landesarbeitsgericht grundsätzliche Probleme mit der unterschiedlichen Entnahme von Zeitwertguthaben bei Mitarbeitern im indirekten sowie im direkten Bereich sieht, was die Rückrechnung in bezahlte Freistellung anbelangt.

Das Verfahren wird nach der Einholung von weiteren Stellungnahmen seitens VW fortgesetzt.

Hier ist der Bericht der Wolfsburger Nachrichten zum Landesarbeitsgerichtsverfahren:  WN_2013-09-28_Klage Zeitwerte_kurz.pdf

Neueste Entwicklung: Dr. Schrader, der Anwalt der Gegenseite, hat mit Datum 1.10.2013 den Antrag gestellt, die Frist zur Einreichung eines Schriftsatzes (14.10.2013) um 14 Tage zu verlängern, weil er in den Urlaub zu fahren gedenkt. Dabei fällt auf, dass Dr. Schrader vermutlich nicht der mit dem Fall vertraute Sachbearbeiter bzw. Sachbearbeiterin ist, als diese muss man vielmehr die Unterzeichnerin der Berufungsbegründung ansehen, und das ist Frau Dr. Rhea-Christina Klagges!

Hierzu ist folgendes Schreiben an das Landesarbeitsgericht gegangen:   Schreiben_an_LAG_2013-10-11.pdf

VW hat darauf am letzten möglichen Tag eine Begründung eingereicht des Inhaltes, dass es im Wesentlichen deshalb erforderlich sei, bei den Beschäftigten im indirekten Bereich mehr aus dem Zeitwertkonto zu entnehmen als bei den Beschäftigten im direkten Bereich, weil diese in der Arbeitsphase auf eine zuvor bezahlte Pause von 2,5 min je Stunde verzichtet hätten, dies würde bei einer 33-Stunden-Woche aber 1,375 h pro Woche entsprechen. Dies würde damit mehr ausmachen, als die Mitarbeiter im indirekten Bereich als sog. Leistungsbeitrag zu erbringen hätten.

Allerdings ist diese Argumentation nicht ganz zutreffend, weil 1993 die unbezahlte Mehrarbeit im indirekten Bereich 1,2 Stunden und weil die 1993 geltende Arbeitszeit 28,8 Stunden pro Woche betrug. Daraus resultieren ebenfalls exakt 1,2 Stunden pro Woche durch Wegfall der bezahlten Pause. Die Leistungsbeiträge waren folglich von 1993 bis 2006 exakt gleich groß! Erst durch die weiteren unbezahlten Stunden (Erhöhung der Sollstundenzahl 2006 von 28,8 auf 33 ohne Bezahlung im direkten Bereich und von 30 auf 34 im indirekten Bereich) kam man auf die Stundensätze, die der hier vorgebrachten VW-Berechnung zugrunde liegen.

Als Gegenposition haben wir diese Stellungnahme formuliert & eingereicht:   354612.pdf

Zusätzlich haben wir aus rechtlichen Gründen noch einmal diesen Schriftsatz nachgereicht:    354613E.pdf

Hierin widerlegen wir die Argumentation noch einmal vollständig, die VW vor dem LAG vorgetragen hat, um die Ungleichbehandlung der Mitarbeiter im indirekten Bereich zu rechtfertigen.

Am 13. Januar 2014 fand die letzte Sitzung des Landesarbeitsgerichtes Hannover statt. Es erging dabei das folgende Urteil (Mitschrift nach dem Vorlesen durch die Geschäftstellen-Mitarbeiterin):

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte zur Zahlung in Höhe von über 276,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.6.2012 verurteilt worden ist.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Kostenteilung: 93,9 % trägt der Kläger (ich) und 6,1 % die Beklagte (VW)

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 91,1 %  und die Beklagte zu 8,9 %.

Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Hier ist die Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichtes zum Urteil:  Pressemitteilung_LAG_13 Sa 1455.pdf

Nach diesem Urteil habe ich also die Klage zum überwiegenden Teil verloren.

Inzwischen liegt mir das Urteil schriftlich und mit Begründung vor:    LAG_2014-01-13.pdf

Soweit ich das Urteil (ohne dazu meinen Anwalt befragt zu haben) deuten kann, hat es da nach der Sitzung des Gerichtes am 23.9.2014, bei der das Gericht VW auf eine mögliche Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach dem Betriebsverfassungsgesetz hingewiesen hatte, offenbar einen Paradigmenwechsel beim Landesarbeitsgericht gegeben. VW konnte die unterschiedlichen Regeln für die Entnahmen aus den Zeitwertguthaben nicht erklären. Zum Schluss hat man dann seitens VW erklärt, das sei eben so. Das ist dann auch so ausgeurteilt worden.

Vielleicht hat es zwischen der Sitzung der Kammer vom September und dem Urteil im Januar ein Ereignis gegeben, das ich nicht einzuordnen vermag. Erklären kann ich mir diese überraschende Wendung jedenfalls nicht.

 

 

 

 

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